Sie sind überall: Smartphones. Weltweit besitzen zwei von drei Menschen ein Gerät. Das beschert der Branche seit Jahren Rekordumsätze – auf Kosten unseres Planeten. Wie nachhaltig könnten Smartphones sein?
Der Innovationsverbund Nachhaltige Smartphones INaS 2.0 bringt etablierte Akteure und Pioniere entlang der gesamten Wertschöpfungskette in Workshops zusammen, um basierend auf modularen Produktdesigns neue Geschäftsmodelle zu entwickeln.
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Samsung, Apple, Huawei und Co. waren nicht dabei, dafür veränderungswillige Akteure der gesamten Smartphone-Wertschöpfungskette: Bauteilelieferanten, Hersteller, Netzbetreiber, Refurbisher, Reparaturdienstleister und Recycler. Beim Auftaktworkshop der zweiten Runde des Innovationsverbund Nachhaltige Smartphones (INaS 2.0) kamen rund 30 Praktiker*innen am Centre for Sustainability Management (CSM) der Leuphana Universität Lüneburg zusammen. Akteure, die sich gemeinsam auf den Weg machen, um zusammen mit Wissenschaftlern an Lösungen zu arbeiten, die die Smartphone-Branche nachhaltiger machen.
Nutzungsszenarien mitdenken
Das Thema des Tages: Unternehmerische Chancen und Herausforderungen von modularen Produktdesigns. Nach einer Keynote von Miquel Ballester von Fairphone und Impulsen von Dr. Marcel den Hollander und Marina Proske, arbeiteten die Teilnehmenden in zwei Kreativsessions an Lösungen für die Nachhaltigkeitsherausforderungen der Branche. Eine wichtige Erkenntnis: Modulares Produktdesign allein wird sie nicht lösen können. Projektmanager Ferdinand Revellio vom CSM bilanziert: „Neben modularem Design braucht es auch neue Geschäftsmodelle. Ein Smartphone an sich ist nie nachhaltig, das Nutzungsszenario ist entscheidend. Wenn zum Beispiel ein reparierbares Smartphone lediglich ein Jahr genutzt wird, aber ein Rücknahmesystem für die Weiternutzung fehlt, ist es nicht zielführend. Nachhaltige Produktdesigns müssen also durch passende Geschäftsmodelle und Dienstleistungen ergänzt werden. Um genau diese Szenarien über mehrere kooperierende Organisationen hinweg zu denken und zu entwickeln, ist es wichtig, dass Akteure der gesamten Wertschöpfungskette miteinander ins Gespräch kommen.“
Auftaktworkshop INaS 2.0 – Impressionen
Modularität ist nachhaltiger – nicht immer
Wenn ein modular entworfenes Produkt durch clevere Rücknahme und Recyclingsysteme ergänzt wird, ist es dann nachhaltig? Nicht unbedingt, so das Fazit beim ersten von drei Workshops. Modulare Produktdesigns tragen nicht automatisch zu mehr Nachhaltigkeit bei, es kann auch zu Mehrkonsum führen. Zum Beispiel, wenn Nutzer*innen immer die neuesten Module ergänzen, obwohl sie diese nicht nutzen. Außerdem führt die Modularisierung zu zusätzlichem Materialverbrauch, denn i. d. R. ist jedes Modul von einem Gehäuse ummantelt. Solche Szenarien mitzudenken und kundenzentrierte Dienstleistungen zu entwickeln, um die Lebensdauer von modularen Smartphones zu verlängern, wird Thema des zweiten Workshops sein, der im Oktober folgt.
Auftakt von INaS 2.0. gelungen
„Wir wollen mit unserem Praktiker-Netzwerk einen Ort für Nachhaltigkeitsinnovationen in der Smartphone-Branche schaffen – und das funktioniert am CSM seit 2016. Das Interesse ist groß, vor allem bei Akteuren ab dem Point of Sale – Verkäufern, Netzbetreibern, Refurbishern, usw., die schon jetzt von Geschäftsmodellen jenseits des Verkaufs profitieren“, berichtet Ferdinand Revellio. Doch auch Hersteller haben ein strategisches Interesse daran, sich damit auseinanderzusetzen. Der Smartphone-Absatz ist weltweit leicht rückläufig, viele Konsument*innen sind zufrieden mit dem Smartphone, das sie haben, und wünschen sich eine längere Lebensdauer. Der deutsche Hersteller Shift GmbH setzt schon auf Modularität und Reparierbarkeit und ist seit Beginn im INaS dabei – und auch den großen Herstellern steht der Innovationsverbund offen. Es ist Zeit, die Herausforderung anzunehmen, denn der größte Umwelteinfluss in der Wertschöpfungskette von Smartphones entsteht im Produktionsprozess.
Informationen zum Projekt
Der Innovationsverbund Nachhaltige Smartphones 2.0 (INaS) wird am Centre for Sustainability Management (CSM) gemeinsam mit dem Institut für Integrierte Qualitätsgestaltung (IQD) der Johannes Kepler Universität Linz unter akademischer Leitung von Prof. Dr. Erik G. Hansen (IQD) und Prof. Dr. Stefan Schaltegger (CSM) durchgeführt.
Der INaS am CSM ist Teil des BMBF Forschungsprojekt „Produktzirkularität durch modulares Design –Strategien für langlebige Smartphones“ (MoDeSt). MoDeSt wird gemeinsam mit dem Fraunhofer IZM, der TU Berlin, der SHIFT GmbH und der AfB gGmbH, sowie der JKU Linz als assoziierten Partner durchgeführt und vom BMBF im Rahmen von ReziProk (Ressourceneffiziente Kreislaufwirtschaft –Innovative Produktkreisläufe) über einen Zeitraum von drei Jahren gefördert.
Fotos: Leuphana Universität Lüneburg, Patrizia Jäger / Gruppenfoto: Centre for Sustainability Management
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