Die Dichte an Nachhaltigkeitsmanagement-Expert*innen auf dem Campus der Leuphana Universität Lüneburg war so hoch wie nie zuvor: Im Jubiläumsjahr des MBA Sustainability Management kamen rund 200 Absolvent*innen und Studierende zu den traditionellen Home Coming Days. Unter dem Motto „Schöne grüne Welt – Vom Meistern, Scheitern und Weitermachen“ haben wir in diesem Jahr das 20-jährige Bestehen unseres „Green MBA“ gefeiert: Am Freitag mit einer Fachkonferenz, am Samstag mit Workshops, Peer-Mentoring, der großen Titelverleihung und einer Party bis in die Nacht.
Was ist in den letzten 20 Jahren im Hinblick auf Nachhaltigkeit passiert? Was wurde erreicht, was ist krachend gescheitert und wie können wir trotz aller Herausforderungen weiter mit Optimismus voranschreiten und eine nachhaltige Entwicklung ermöglichen? Diese großen Fragen wurden bei der Fachkonferenz am Freitag gewälzt.
„Und alle rennen!“ – Keynote von Prof. Dr. Stefan Schaltegger
Den Auftakt machte MBA-Studiengangsleiter Prof. Dr. Stefan Schaltegger und zerlegte den Konferenztitel in seine Bestandteile: Wie und warum scheitern Unternehmen eigentlich beim Thema Nachhaltigkeit? Und was bedeutet es, unternehmerische Nachhaltigkeit zu meistern? Hier gibt es ein Wrap-up der Keynote.
Meistern, Scheitern, Weitermachen – der Blick in die Praxis
Neun Referent*innen aus Unternehmen und Organisationen lieferten auf dem Podium der Fachkonferenz spannende Impulse und berichteten offen von ihren Erfahrungen.
- Eske Tammen zeigte, wie sie mit Tony‘s Chocolony Nachhaltigkeit meistern: Mit klaren Sourcing-Prinzipien für ihre Schokolade, unverkrampfte Kommunikation und der kollaborativen Initiative „Tony’s Open Chain“, die andere Schokoladenunternehmen einlädt, sich den Normen anzuschließen.
- Henrike Schlottmann von ProjectTogether zeigte, wie sie eine neue Infrastruktur, z.B. einen Hackathon aufbauen, um auf gesellschaftliche Probleme zu reagieren – ihre Zutaten: Mut und Offenheit zu lernen.
- Patrick Schwarz von Elobau zeigt, wie das Unternehmen das Thema ökologische Nachhaltigkeit im Alter von 37 neu entdeckt hat und unter anderem CO2-Emissionen (Scope II) um 99 % reduziert hat.
Besonders spannend war der Blick auf das Scheitern, ein Thema, das häufig eher weggeschoben und nicht öffentlich thematisiert wird.
- Barbara Metz, Geschäftsführerin der Deutschen Umwelthilfe, zeigte auf, warum sie Klagen als Weg nutzen: Damit Unternehmen scheitern, wenn sie etwas bewerben, das das Produkt nicht hergibt. Aktuell verklagt die Deutsche Umwelthilfe zahlreiche Unternehmen für ihre Werbeversprechen zu Klimaneutralität, da sie die getroffenen Maßnahmen als unzureichend bewertet, um die Emissionen ausreichend zu reduzieren. Das Fernziel: Die Rahmenbedingungen anpassen.
- Luise Hansen vom Hafergetränkeunternehmen Oatly plädiert für einen offenen Umgang mit Kritik und für umfassende Transparenz: Nicht nur Nachhaltigkeitskennzahlen, sondern auch sämtliche Kritik wird ins Netz gestellt und dient als Diskussionsgrundlage und um neue Ideen zu entwickeln.
- Vom persönlichen Scheitern erzählt MBA-Alumna Rita Gelhaus von EWE: Sie hat eine Idee bis zum Prototyp vorangetrieben und ist nach einer langen Reise in einer Finanzierungsrunde gescheitert – und ermutigt andere, das trotzdem auch zu probieren. Es gehe um das Mindset, nicht nur etwas zu tun, was man schon kann. Dazu komme, dass die Lerneffekte und Erfahrungen aus gescheiterten Projekten besonders fruchtbar sein können.
Eine lange Reise verbindet auch die Gründer*innen des dritten Themenslots „Weitermachen“.
- MBA-Alumnus und Seriengründer Florian Meyer-Delpho hat zuletzt sein Photovoltaik-Startup Installion an den Hamburger Ökostrom-Anbieter Lichtblick verkauft. So ein Erfolg sei aber nicht die Regel: „Besonders im Vertrieb kriegt man oft ein Nein, aber das betrachte ich als Diskussionsgrundlage.“
- Christian Sigmund von Wildplastic hat sich mit seinem Team einer scheinbar unendlichen Aufgabe verschrieben: Plastikmüll aus der Natur zu sammeln und zu neuen Produkten zu verarbeiten. Er machte eines ganz deutlich: Der Anspruch könne nicht sein, alle Probleme alleine zu lösen. Einen Anfang machen, etwas Sinnvolles tun und andere mitreißen – das sind seine Ziele.
- Dana Pietralla von paged – ein Startup, das für mehr digitale Inklusion sorgt – beschreibt, dass Hinfallen und Aufstehen gleichermaßen wichtig sind. Die downs und ups motivieren sie, weiterzumachen.
Sollte man alleine gründen oder lieber im Team? Die Diskussionsteilnehmer*innen waren sich einig: Niemals alleine, aber auch nicht unbedingt mit fünf anderen.
Nach dem intensiven Konferenztag wurde es gemütlich: Abends ging zum vegetarisch-veganen Netzwerk-BBQ in Schröders Garten an der Ilmenau. Es war ein schöner Ausklang und Spätsommerabend mit alten Bekannten und neuen Gesichtern!
Von Wesentlichkeitsanalyse bis Peer-Mentoring – Workshops am Samstag
Der Samstag stand auch im diesen Jahr im Zeichen des gemeinsamen Lernens im Netzwerk: Alumni teilten ihr Wissen und ihre Erfahrungen mit anderen Studierenden und Absolvent*innen. Besonders gefragt war in diesem Jahr – aus aktuellen Anlass der CSRD-Richtlinie – das Workshopangebot zum Thema Wesentlichkeitsanalyse, das MBA-Alumnus Axel Franck gleich zweimal an einem Tag anbot. Auch die Angebote zu Nachhaltigkeit in der IT von MBA-Alumna Susanne Rathgeb und zum Jobstart im Nachhaltigkeitsmanagement von MBA-Alumna Anke Steinbach kamen sehr gut an.
Parallel dazu ging es mit dem Peer-Mentoring-Programm des CSM-Alumni e.V. weiter: Studierende und Alumni des MBA können sich in diesem Vereins-Programm ein Jahr lang – begleitet durch Christoph Schuseil (Coach, Organisations- und Karriereberatung) – als Gruppe und persönlich weiterentwickeln und gegenseitig unterstützen.
Am Samstagnachmittag wurde es dann feierlich…
Herzlichen Glückwunsch! – CSM verabschiedet 35 Absolvent*innen
„Es ist mir ein Vergnügen und es erfüllt uns alle mit Stolz, im Jahr der 20-Jahres-Jubiläumsfeier des MBA Sustainability Management so viele Nachhaltigkeits-Absolventinnen und Absolventen beglückwünschen zu dürfen.“
Prof. Dr. Stefan Schaltegger
Mit diesen Worten gratulierte Studiengangsleiter Prof. Dr. Stefan Schaltegger den diesjährigen Absolvent*innen zum Abschluss als Master of Sustainable Business Administration. 35 Studierende haben den MBA Sustainability Management erfolgreich abgeschlossen und wurden in einer feierlichen Titelverleihung am Samstag verabschiedet. In seinem Grußwort schlug Prof. Dr. Stefan Schaltegger auch nachdenkliche Töne an:
„Sie sind nun mit überdurchschnittlich tiefem und breitem Wissen ausgestattet und deshalb prädestiniert, Nachhaltigkeitsagent*innen des notwendigen Wandels zu sein oder zu werden. Das kann aber ein Gefühl erzeugen, für die Lösung von etwas unlösbar Erscheinenden verantwortlich zu sein.“
Prof. Dr. Stefan Schaltegger
Auf die Frage, wie man diese Aufgabe meistern könne, ohne frustriert oder zynisch zu enden, gab Prof. Dr. Stefan Schaltegger in seinem Grußwort eine sehr persönliche Antwort und nannte zwei Begriffe, die ihm helfen: Demut und Pragmatismus.
„Demut bedeutet jenseits des religiösen Sinns, dass man sich auf das Richtige ausrichten und zum Richtigen beitragen, nicht aber die globalen Probleme selbst lösen und die Zukunft bestimmen kann. Demut entlastet, da es einen erdet, auf den Boden der Realität setzt und verhindert, dass man sich Verantwortung aufbürdet, der man ohnehin niemals gerecht werden kann. (…).
Prof. Dr. Stefan Schaltegger
Pragmatismus verlegt den Fokus auf das Hier und Jetzt in vollem Bewusstsein auf das für die Zukunft Richtige. Was bedeutet Nachhaltigkeit in meiner Nachbarschaft, für unser Haus, für unsere Ernährung, für unseren Arbeitsplatz, für das Unternehmen, in dem wir arbeiten. Es gibt unendlich viele solche kleinen Ansatzpunkte, die alle für sich genommen die Welt nicht retten werden, aber die alle zusammen die Welt lebenswerter und nachhaltiger machen können. Motivieren sollte uns dabei, dass so ein Nachhaltigkeits-Pragmatismus der Ausgangspunkt sein kann für große Nachhaltigkeitstransformationen.“
Stefan Schaltegger erläuterte dabei am Beispielen wie der Anti-AKW-Bewegung, wie pragmatische Ausgangsprojekte schließlich ungeahnt weitreichende Wirkungen zur Nachhaltigkeitstransformation von Wirtschaft und Gesellschaft erzielt haben.
Als Teil einer positiven Zukunftsbewegung sieht auch Lüneburgs Oberbürgermeisterin Claudia Kalisch die Absolvent*innen, die auch als MBA-Alumna spricht:
„Vor 15 Jahren habe ich als Absolventin des MBA auf der anderen Seite dieses Pults gesessen. Es war aber noch ein anderes und es war auch ein anderer Ort. Heute stehe ich hier als Oberbürgermeisterin dieser Stadt.“
Claudia Kalisch, Oberbürgermeisterin der Hansestadt Lüneburg
Sie betont, wie wichtig es sei, sich zu vernetzen, sich gegenseitig den Rücken zu stärken, Themen gemeinsam voranzutreiben und einfach weiterzumachen – auch in kleinen Schritten, auch bei Stillstand, auch bei Rückschritten. Eine Liedzeile, die ihr dazu in den Sinn gekommen ist: Ich gehe nicht rückwärts, ich nehme nur Anlauf.
„In Zukunft werdet ihr als MBA-Absolvent*innen gesellschaftlich relevante Schlüsselpositionen besetzen. Das wünsche ich euch, das bringt Verantwortung mit sich. Aber ich weiß, dass ihr als Change Agents genau das könnt: Verantwortung annehmen und mit Leben füllen. Manchmal mit Anlauf.“
Claudia Kalisch, Oberbürgermeisterin der Hansestadt Lüneburg
Das MBA-Studium als Reiseangebot, das war das Thema der Absolvent*innenrede von Nora Sonn und Michaela Schneider. „Wir waren alle mit unterschiedlichem Tempo unterwegs, heute stehen wir am selben Punkt unserer Reise“, beschreiben sie den Weg zum MBA-Titel, der berufsbegleitend für einige länger war als für andere. Der Satz „Viele genießen das inspirierende Reiseangebot länger als in der Reisedauer angegeben“ sorgte bei vielen Zuhörenden für ein Schmunzeln.
Als Highlight der Reise beschreiben die beiden die Präsenzveranstaltungen und wünschen sich im Reisekatalog noch mehr Angebote für einen persönlichen Austausch. Das Netzwerk sei wertvoll, resümieren die beiden:
„Der MBA ist so viel mehr als diese Urkunde.“
Nora Sonn und Michaela Schneider, Absolventinnenbeitrag 2023
Herausragende Arbeiten zu Circular Economy und Abfallvermeidung ausgezeichnet
Für herausragende Masterarbeiten erhielten in diesem Jahr gleich zwei Absolvent*innen den Master Thesis-Award, der jährlich vom CSM-Alumni e.V. vergeben wird – und zwar zu Arbeiten zu den Themen Circular Economy und Abfallvermeidung. Inka Heitmann aus dem Vorstand des CSM-Alumni e.V. übergab die Preise an Inga Skowranek für ihre Arbeit zum Thema „Analyse der Möglichkeiten und Herausforderungen für die Einführung von Kunststoffausgleichszertifikaten (plastic credits) in Lusaka, Sambia“ und an Andreas Egloff für seine Arbeit zum Thema „Kreislaufwirtschaft im Gesundheitswesen – Treiber und Barrieren für die kreislauffähige Verwendung von chirurgischen Instrumenten in französischen und deutschen Krankenhäusern“.
Auf die feierliche Urkundenübergabe folgte der traditionelle Hutwurf: Um 18:06 Uhr Ortszeit flogen bei 29 Grad die Hüte vor dem Zentralgebäude. Der Hutwurf war der Beginn eines langen Abends: Mit einem gemeinsamen vegan-vegetarischen Abendessen und einer Party bis in die Nacht wurden die diesjährigen Absolvent*innen ausgiebig gefeiert.
Das CSM dankt allen Teilnehmenden und Referent*innen der Fachkonferenz für die spannenden Diskussionen und dem CSM-Alumni e.V. für die gemeinsame Organisation. Herzlichen Dank Claudia Kalisch für die Festrede und an Hans-Malte Wittes Convertible Concert Club für die musikalische Begleitung.
Managen für morgen. Netzwerken für übermorgen.
Über 900 Studierende und Alumni, Lehrende, Praxis- und Kooperationspartner bilden inzwischen das größte universitäre Netzwerk zum Thema Nachhaltigkeitsmanagement – ihr Zuhause ist das CSM der Leuphana. Studieninteressierte können sich für den kommenden Studienstart des MBA Sustainability Management im Frühjahr 2024 noch bis zum 30. September bewerben.
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