Erst Lehrer, dann Nachhaltigkeitsmanager: Paul Hückel ist ausgebildeter Gymnasiallehrer für Englisch und Geographie und jetzt als Referent für CSR und Kommunikation bei der Schufa Holding AG tätig. Warum der Alumni des MBA Sustainability Management sich für den Quereinstieg in die Wirtschaft entschieden hat, wie er im Unternehmen jetzt für mehr Nachhaltigkeit sorgt und welche Verknüpfungsmöglichkeiten er zwischen beiden Welten sieht, verrät er im Interview.
Nach Ihrem Referendariat haben Sie sich entschlossen, in die freie Wirtschaft zu wechseln – warum?
Schon während meines Geographiestudiums mit den Schwerpunkten Klima-, Wirtschafts- und Dienstleistungsgeographie haben mich raumbezogene und wirtschaftliche Zusammenhänge, Case Studies sowie nachhaltige Entwicklungsmöglichkeiten fasziniert. Dementsprechend spielten auch in meinem Unterricht Nachhaltigkeitsthemen stets eine große Rolle.
Während meines Referendariats reifte in mir der Wunsch, meinen Erfahrungshorizont zu erweitern sowie Perspektiven und Ansätze von Unternehmen, die einen maßgeblichen Anteil an der nachhaltigen Transformation besitzen, kennenzulernen. An den Nagel wollte ich den Lehrberuf zunächst nicht hängen, jedoch sind mittlerweile einige Jahre vergangen und ich schätze meinen Beruf als CSR-Manager wirklich sehr. Strategische Weichen im Unternehmen zu stellen, eigene Ideen umsetzen zu können und sukzessive die Wirtschaft nachhaltiger mitzugestalten – das sind für mich die Schlüsselfaktoren.
Wie ist Ihnen der Wechsel in ein Unternehmen gelungen und welche Rolle hat der MBA Sustainability Management dabei gespielt?
Der erste Schritt bestand darin, mir eine Auszeit in den USA zu nehmen und mir dort in aller Ruhe zu überlegen, wie ich meinen Plan in die Tat umsetzen könnte. Schließlich ist der Schritt aus dem Lehrberuf in die Wirtschaft kein gewöhnlicher. Ich entschloss mich zunächst für ein mehrmonatiges Praktikum im Office of Sustainability der Stadt Atlanta, was im Nachhinein genau der richtige Schritt war, um wertvolle Erfahrungen im kommunalen Nachhaltigkeitsmanagement und Kontakte mit Unternehmen zu sammeln. Dort übernahm ich eigene Projekte und wirkte am Nachhaltigkeitsbericht der Stadt mit. Dadurch lernte ich neben diversen Reporting-Standards auch zahlreiche neue Aspekte des Nachhaltigkeitsmanagements kennen. Dieses Wissen wollte ich anschließend professionell und wissenschaftlich fundiert vertiefen. Im Zuge dessen bin ich schnell auf den MBA Sustainability Management gestoßen. Das Studium und dessen Vertiefungsmöglichkeiten waren für mich retrospektiv ganz klare Türöffner für den Bereich CSR, nachdem ich zuvor ein paar Jahre bei einem deutschen Beratungsunternehmen für Klimaschutz, Politikberatung und Technologietransfer in Entwicklungsländern tätig war. Meine berufliche Zukunft sah ich langfristig aber im Bereich Corporate Sustainability – was sich dank des MBAs letztendlich wie geplant erfüllte.
Ohne Bonitätsauskunft kein Mietvertrag: Die Schufa Holding AG kennen die meisten von der Wohnungssuche, das Nachhaltigkeitsengagement des Unternehmens ist weniger Menschen bekannt. Was macht die Schufa besonders nachhaltig?
Es gehört zum Selbstverständnis der Schufa Holding AG, im Sinne einer Corporate Responsibility Verantwortung sowohl für ihre Dienstleistungen als auch für die Auswirkungen ihres Handelns in der Gesellschaft zu übernehmen. Basierend auf unserem Unternehmensleitbild „Wir schaffen Vertrauen“ haben wir vor vielen Jahren ein Leitbild entwickelt, hinter dem wir als gesamtes Unternehmen stehen und das die Basis für unser Handeln bildet. Unser Verantwortungsverständnis wird in fünf Handlungsfeldern sichtbar und lebendig.
Dabei legen wir den Fokus unserer CR-Strategie und Ziele auf die Bereiche, in denen wir mit unserer Expertise am meisten bewirken können und die wir als wesentlich identifiziert haben: Zum Beispiel bringen wir uns aktiv in das Gemeinwesen ein und engagieren uns mit unseren Bildungsinitiativen im Bereich der Financial Literacy für Jugendliche. In der digitalen Gesellschaft stehen wir für einen verantwortungsvollen Umgang mit Technologien im Sinne einer Corporate Digital Responsibility (CDR) und setzen uns dafür ein, Chancen der Digitalisierung zu nutzen und gleichzeitig Risiken zu minimieren. Für unsere Kunden entwickeln und liefern wir prozess- und nutzenoptimierte Produkte. Dabei sind die uns anvertrauten Daten und Informationen ein hohes Gut, das wir schützen und mit dem wir gewissenhaft umgehen. Die Umwelt wollen wir durch unsere Tätigkeit möglichst wenig belasten und optimieren unsere Geschäftstätigkeit daher fortlaufend, um Ressourcen zu schonen.
In der digitalen Gesellschaft stehen wir für einen verantwortungsvollen Umgang mit Technologien im Sinne einer Corporate Digital Responsibility (CDR) und setzen uns dafür ein, Chancen der Digitalisierung zu nutzen und gleichzeitig Risiken zu minimieren.
Genauso sind wir ein verantwortungsvoller Arbeitgeber für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und legen besonderen Wert auf eine kooperative Unternehmenskultur und familienbewusste Personalpolitik. Seit 2016 veröffentlichen wir außerdem freiwillig eine umfassende Erklärung im Rahmen des Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK), die sich an den Indikatoren der Global Reporting Initiative (GRI) und der European Federation of Financial Analysts Societies (EFFAS) orientiert.
Sie sind Referent für CSR und Kommunikation bei der Schufa – welche Aufgaben haben Sie im Unternehmen und welche Themen treiben Sie gerade um?
Zu meinen Aufgabenschwerpunkten zählen u.a. die Nachhaltigkeitsberichterstattung und Ausrichtung der CR-Strategie der Schufa. Dabei stehe ich im engen und regelmäßigen Austausch mit internen und externen Stakeholdern. Derzeit überarbeiten wir beispielsweise die CR-Roadmap des Unternehmens und führen hierzu eine Wesentlichkeitsanalyse durch, um unsere Handlungsschwerpunkte zu überprüfen und ggf. anzupassen. Gemeinsam mit relevanten Anspruchsgruppen definieren wir für jedes unserer Handlungsfelder klare Ziele und Indikatoren, mit denen wir unsere Erfolge messbar machen und unsere Aktivitäten steuern.
Gemeinsam mit relevanten Anspruchsgruppen definieren wir für jedes unserer Handlungsfelder klare Ziele und Indikatoren, mit denen wir unsere Erfolge messbar machen und unsere Aktivitäten steuern.
Gemeinsam mit relevanten Anspruchsgruppen definieren wir für jedes unserer Handlungsfelder klare Ziele und Indikatoren, mit denen wir unsere Erfolge messbar machen und unsere Aktivitäten steuern. Außerdem koordiniere ich das Unternehmensengagement (Corporate Volunteering) an sämtlichen Unternehmensstandorten und die Bildungsinitiative „Schufa macht Schule“. Hier kann ich meine Erfahrungen aus dem Lehrberuf optimal einbringen – etwa bei der Erstellung von Unterrichtsmaterial zu Finanzthemen oder bei der Betreuung von Schülerinnen und Schüler im Rahmen unseres Engagements mit „WiesPaten“, einer Initiative der Stadt Wiesbaden, welche lokalen Unternehmen Patenschaften mit Schülergruppen vermittelt und speziellen Förderunterricht ermöglicht. In sozialen Medien entwickeln wir für Jugendliche zahlreiche nachhaltigkeitsbezogene Themenschwerpunkte zum Umgang mit Geld im Rahmen unserer „W2 WirtschaftsWerkstatt“.
Welche Inhalte des MBAs sind für Ihre Tätigkeit besonders wichtig?
Für meinen Beruf als Nachhaltigkeitsmanager ist, neben einem breiten Know-how und Fachkompetenz in Umwelt-, Gesellschafts- und Nachhaltigkeitsthemen, vor allem unternehmerisches Denken entscheidend. Hier profitiere ich sehr von den Inhalten des MBAs und dem erlernten Wissen aus meinen Vertiefungsmodulen. Ebenso konnte ich viel für meine eigenen Arbeitsabläufe, insbesondere mein Zeit- und Aufgabenmanagement, mitnehmen sowie Soft Skills zur Zusammenarbeit in Teams übertragen. Hervorheben möchte ich hier die praxisorientierten Fallstudien aus dem Studium, welche mir sehr dabei geholfen haben, Projekte zielorientiert zu managen und gemeinsam mit anderen Lösungen zu konzipieren. Auch die entsprechende Kommunikation und Ergebnisvermittlung sind wichtige Aspekte, die für mich in meinem jetzigen Berufsalltag essentiell sind.
Bei welchen Herausforderungen hilft Ihnen Ihre vorherige Berufserfahrung als Pädagoge im Klassenzimmer?
Die Betreuung der zuvor skizzierten Bildungsinitiativen der Schufa erfordert mitunter fortgeschrittene didaktische Kompetenzen und Fachwissen – beispielsweise bei der Konzipierung und Durchführung von Unterrichtsstunden und -materialien. Aber auch die adressatengerechte Vermittlung von komplexen Inhalten ist ein Aspekt, den man als Pädagoge in der Theorie und Praxis lernt. In meiner aktuellen Tätigkeit genieße ich das große Privileg, meine beruflichen Interessen, Qualifikationen und Vorerfahrungen miteinander verbinden und einsetzen zu können.
In Ihrer Masterarbeit haben Sie sich mit der Wirkung und Messbarkeit von Corporate Volunteering beschäftigt. Wie wirkt es denn und warum sollten Unternehmen das Thema strategisch angehen?
Mein Vergleich zwischen unternehmensintern wahrgenommenen und empirisch nachgewiesenen Nutzenpotentialen ergab, dass Corporate Volunteering nicht nur als verbindendes Element zwischen Unternehmen und Gesellschaft, sondern auch als wichtiger Bestandteil von nachhaltigem Personalmanagement dienen kann. Dies gilt v.a. im Hinblick auf das Einbringen, Erlernen und Weiterentwickeln von Kompetenzen, weshalb längerfristig angelegte, kompetenzbasierte Formate eine sinnvolle Ergänzung zu üblichen „Anpackprojekten“ im Rahmen einmaliger Aktionstage darstellen und somit weitere Potentiale von Unternehmensengagement ausgeschöpft werden können.
Wirkungsorientiertes, transparentes und glaubwürdiges Engagement setzt voraus, dass die Projekte strategisch an übergreifende und mittel- bis langfristige Unternehmens-, CSR- und Personalentwicklungsziele gekoppelt werden.
Dazu bedarf es vergleichbarer und messbarer Erfolgsindikatoren, einer systematischen Reflexion der Erfahrungen und kontinuierlicher Verbesserungsprozesse. Gehen Unternehmen und ihre Kooperationspartner das Thema ergebnisorientiert zunächst vom Outcome (unmittelbare Wirkungen) und langfristig vom Impact (langfristig erzielte Veränderungen) denkend gemeinsam und systematisch an, können durchaus Win-Win- oder sogar Triple-Win-Potentiale für Unternehmen, Beschäftigte und Gesellschaft realisiert werden. Je nach Zielausrichtung und Umsetzung können engagierte Unternehmen u.a. von einem Reputationsgewinn, einer Steigerung der Employer Brand und einer Verbesserung der Standortbeziehungen profitieren. Neben potentiellen Wettbewerbsvorteilen können sie auch auf Performancesteigerungen durch zufriedene und motivierte Beschäftigte hoffen, die sich mit ihrem Arbeitgeber und ihrem Job stärker identifizieren, besser in Teams arbeiten und die erlangten Perspektivwechsel positiv im Arbeitsalltag einbringen. Gleichzeitig leisten sie einen signifikanten Beitrag für ein funktionierendes Gemeinwesen.
Sie sind Mitglied im CSM Alumni e.V., dem Alumniverein des MBA Sustainability Management. Wie wichtig sind Netzwerke in Ihrem jetzigen Beruf?
Der regelmäßige Austausch mit anderen Alumni und Alumna – sei es im Rahmen des regionalen Stammtisches, der Home Coming Days oder der Studienreisen – ist mir sehr wichtig. Durch das breite Netzwerk, das man sich während und nach dem Studium aufbaut, kann ich mich fachlich und persönlich mit anderen „Gleichgesinnten“ austauschen und erhalte dadurch viele neue Ideen, Perspektiven und Ratschläge – sowohl für meinen Berufsalltag als auch zu aktuellen Trends und Entwicklungen im Nachhaltigkeitsbereich. Diese kann ich je nach Bedarf gezielt in meinem Beruf einbringen. Dort sind Netzwerke und der Dialog mit anderen Unternehmen ein ganz wichtiger Faktor, um sich themenspezifisch auszutauschen, Kontakte für aktuelle und zukünftige Projekte zu knüpfen oder als Sparringspartner selbst Input und Hilfestellungen für andere Unternehmen beizusteuern. Aus diesem Grund bin ich auch für die Schufa in verschiedenen Netzwerken wie dem „CSR Regio.Net“ von UPJ aktiv.
Blicken wir nach vorn: Wie werden Sie am Ende des Jahres 2021 die Welt nachhaltiger gemacht haben?
Sowohl beruflich als auch privat bin ich bestrebt, nicht nur über Nachhaltigkeit zu reden, sondern diese auch proaktiv in der Praxis umzusetzen. Sei es durch Reduzierung meines persönlichen Fußabdrucks oder des meines Arbeitgebers.
In beruflicher Hinsicht möchte ich weiterhin dazu beitragen, dass die Schufa als verantwortungsvolles – und langfristig möglichst klimaneutrales – Unternehmen wichtigen gesellschaftlichen Herausforderungen begegnet und als Vorbild für branchenähnliche Unternehmen wahrgenommen wird. Bis zum Ende des Jahres werde ich das CR-Konzept sowie – basierend auf den Erkenntnissen meiner MBA-Abschlussarbeit – das gesellschaftliche Engagement des Unternehmens weiter in Richtung kompetenzbasierter Angebote ausbauen und entwickeln.
Bis zum Ende des Jahres werde ich das CR-Konzept sowie – basierend auf den Erkenntnissen meiner MBA-Abschlussarbeit – das gesellschaftliche Engagement des Unternehmens weiter in Richtung kompetenzbasierter Angebote ausbauen und entwickeln.
So können die Stärken unseres Unternehmens effektiver und gewinnbringender zum Wohle der Gesellschaft eingesetzt werden. Mit der Fortführung unseres Corporate Volunteering Awards, der gemeinnützige Projekte unterstützt, für die sich unserer Beschäftigten in ihrer Freizeit einsetzen, möchte ich möglichst viele weitere Kolleginnen und Kollegen motivieren, sich zu engagieren.
Vielen Dank, wir wünschen Ihnen viel Erfolg dabei!
Das Interview führte Anna Michalski vom Centre for Sustainability Management (CSM), Leuphana Universität Lüneburg.
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Foto: Paul Hückel bei der Titelverleihung des MBA Sustainability Management 2019 – Centre for Sustainability (CSM), Anna Lorscheider