Neues Jahr, neuer Job? Fast die Hälfte der Absolvent*innen des MBA Sustainability Management hat während oder nach dem Studium das Unternehmen gewechselt (Absolvent*innenbefragung 2018). Wie und wo finden sinnsuchende Bewerber*innen einen passenden Arbeitgeber? Wir haben bei Marcus Noack, Gründer der Jobplattform JOBVERDE, nachgefragt. Seine Mission: Mehr Nachhaltigkeit und Sinn im Job. In Deutschland und am liebsten weltweit. Im Interview berichtet er von den Anfängen und Zukunftsplänen – und dem Jobmarkt.
Sie haben vor knapp zehn Jahren eine grüne Jobplattform aufgebaut – warum dachten Sie, dass die Welt genau das braucht?
Eigentlich sind wir von Unternehmen auf die Idee gestoßen worden. 2011 war Hamburg Umwelthauptstadt. Wir hatten uns 2010 schon die Domain Umwelthauptstadt.de gesichert und haben eine Plattform aufgebaut, die nachhaltigen Unternehmen eine Bühne geben sollte. Im Rahmen dieses Umwelthauptstadtjahres haben wir uns angeguckt, welche Unternehmen es in Hamburg gibt, die sich auf das Thema Nachhaltigkeit spezialisiert haben oder eine starke nachhaltige Ausrichtung haben. Die Unternehmen sind irgendwann an uns herangetreten und haben gefragt: Können wir nicht bei euch auch Stellenanzeigen veröffentlichen? Diese Möglichkeit gab es damals nicht. Wir haben dann eine relativ simple Seite geschaffen, wo sie ihre Stellenanzeigen hochladen konnten. Dann haben wir einen Investor gesucht, der uns dann wiederum auf das Thema Stellenanzeige gestoßen hat. Es waren diese beiden Kräfte: Die nachhaltigen Unternehmen, die ihre Vakanzen hatten, und der Investor, der gesagt hat „Entwickelt euch doch zu einer Stellenbörse”.
Vor zehn Jahren waren Sie Pionier, inzwischen gibt es Mitbewerber – wie grenzen Sie sich ab?
Wir grenzen uns ab, weil es uns primär um nachhaltige Unternehmen geht. Wir wollen nicht eine reine „grüne” Stellenbörse sein, weil auch jeder etwas anderes unter einer grünen Stellenbörse versteht. „Grün“ wird oftmals assoziiert mit Bio oder Umwelttechnik. Das ist uns zu spitz. Nachhaltigkeit ist natürlich eine Art Nische und wird auch immer noch so betrachtet, aber wir wollen eigentlich die gesamte Palette nachhaltiger Unternehmen abdecken. Und denen die Möglichkeit geben, dass sie ihre konventionellen Stellenanzeigen, also beispielsweise einen Betriebswirt, veröffentlichen können, aber auch ihren CSR-Manager. Wir wollen keine große allgemeine Stellenbörse sein, sondern eine große Stellenbörse mit dem starken Fokus auf Nachhaltigkeit. Wir bündeln grüne Jobs, typische nachhaltige Jobs und Jobs mit Sinn. Das ist ja letztendlich das, was die Generation Y und Z sucht.
Wen oder was finden unsere MBA-Studierenden und andere Jobsuchende auf Ihrer Seite und was verstehen Sie unter nachhaltigen Unternehmen?
Zertifikate und wissenschaftliche Screenings sind an der Stelle, wo Unternehmen ihre Stellenanzeigen aufgeben, zu kompliziert. Wir wollen keine Barriere schaffen, z. B. dass die Unternehmen über 20 Punkte erklären müssen, was sie alles nachhaltig macht. Wir schauen uns an, ob das Unternehmen einen Nachhaltigkeitsbericht veröffentlicht und wie es auf der Website kommuniziert. Wird da transparent zum Thema Nachhaltigkeit berichtet? Am Ende des Tages ist außerdem der User ein gutes Regulativ. Unsere User sind teilweise so kritisch, dass Sie sagen „Wie kann es sein, dass da bspw. Vattenfall eine Stellenanzeige veröffentlicht?” Dann sagen wir: Klar, das Unternehmen Vattenfall erfüllt den Nachhaltigkeitsanspruch nicht perfekt. Wenn die aber einen CSR-Manager suchen, dann finden wir schon, dass es passt.
Was treibt Sie persönlich an, schon ein Jahrzehnt dranzubleiben?
Das kommt das Unternehmergen durch. Wir wollen Unternehmer sein und unsere Plattform ist für uns eine Art Baby, das gibt man nicht mal eben auf, weil es eine schwere Phase gibt, weil wir einen neuen Konkurrenten haben oder weil man einen Investor bräuchte, um es noch größer zu machen. Wir sind da passionsgetrieben und total emotional mit dem Thema verbandelt. Gerade merken wir, dass die Branche und der Markt anziehen. Das ist für uns natürlich ein schöner externer Faktor, die ganze Arbeit lohnt sich. Wir haben den Anspruch ein gutgehendes Unternehmen aufzubauen.
Und ist Ihnen das gelungen?
Also unser Vorteil ist, dass wir von Beginn an „bootstrap“ gestartet sind. Wir haben die Mammutaufgabe auf uns genommen, ohne Business Angel zu starten und das Ganze schnell profitabel zu machen. Und wir sind mittlerweile auch schon lange profitabel. Jetzt sind wir zum ersten Mal auf Investorensuche und wollen die ganze Nummer größer machen. Allein so eine Bewegung wie Fridays for Future macht Millionen junge Menschen aus, die affin für solche Jobs sind. Wir wollen eine Plattform schaffen, auf der genau die Jobs drauf sind, die sie suchen – für Deutschland, Österreich und die Schweiz und wenn es nach uns geht ist es ein weltweiter Business Case. Das schaffen wir nicht aus eigenen Kräften, sondern nur mit einem strategischen Investor.
Wie entwickelt sich der grüne Stellenmarkt?
Das ist ein schwieriges Thema, weil die Zahlen, die da sind und messbar sind, dem ganzen Trend nicht gerecht werden. Weltweit gibt es sicher einen Anstieg von Beschäftigten in den erneuerbaren Energien. Bei echten Nachhaltigkeitsexperten ist die Zahl leider immer noch relativ klein ist, das ist kein Massenarbeitsmarkt. Ich zitiere aber immer wieder die Gallup-Studie, die sagt, dass 67 % der Beschäftigten nur Dienst nach Vorschrift machen, 16 % innerlich gekündigt haben. Die Leute sind in der Masse nicht zufrieden mit ihrer Arbeit und suchen nach Jobs mit Sinn. Und das ist eigentlich die große Chance für Unternehmen, für Arbeitgeber, da ein Angebot zu schaffen. Eines, das den jungen und älteren Leuten mehr Sinn gibt als nur das Gehalt.
Sie können drei Bausteine für eine nachhaltige Welt wählen – was steht drauf?
Da würde ich wahrscheinlich erstmal städteplanerisch rangehen und die Innenstädte definitiv von Autos befreien – und wenn Autos, dann nur E-Autos. Das wäre ein echter Zugewinn an Lebensqualität. Ein Riesenproblem sind die Billigflüge, das ist eine Sache, die man regulieren und anpacken muss. Und den Weltmeeren müsste man etwas Gutes tun und sie von dem Müll befreien. Und für uns wünsche ich mir, dass wir alle Menschen da draußen erreichen, die Lust auf einen nachhaltigen Job oder einen nachhaltigen Arbeitgeber haben.
Vielen Dank!
Das Interview führte Anna Michalski vom Centre for Sustainability Management (CSM) der Leuphana Universität Lüneburg. Marcus Noack veröffentlicht regelmäßig einen Podcast, in dem auch Prof. Stefan Schaltegger bereits Gast war.
Bild: Marcus Noack